Es ist ein Lebensthema. Man kann einsam sein in einer Beziehung, man kann einsam sein im Kreis der Familie, umso mehr, wenn man von der Familie ausgestoßen wird, umso mehr, wenn das am Beginn des Lebens geschieht. Es ist, wie der eigenen Ermordung zusehen zu müssen und dabei noch gefoltert zu werden…
Wird man doch wieder zurückgeholt, wird man alles tun, nur um bleiben zu dürfen. Damit so etwas nie wieder passiert. Aber das ausgestoßen Werden hatte Gründe, die sind nicht einfach verschwunden. Die sind ständige Bedrohung. Das ausgestoßen Werden wiederholt sich, auf verschiedenen Ebenen. Das gefoltert Werden ebenso. Und so rennt man mit dem „Alles tun, um bleiben zu dürfen“ gegen das gegenläufig „nicht gewollt Werden“ vergeblich an. Und die Emotion ist so gewaltig, dass es nie mehr aufhört.
Nicht nur in der Familie, auch in anderen Situationen. Immer ein innerer Kampf zwischen dem bleiben Dürfen und nicht gewollt Sein. Jeder Abschied führt nicht nur zum Trennungsschmerz, sondern zum Gefühl des alleingelassen Werdens und des Ausgestoßen Seins. Bis man auch den, den man loswerden will, nicht mehr loslassen kann.
Als Außenstehender kann man nichts tun. Nur die eigene Hilflosigkeit erleben, die sich mit der des anderen paart. Das Schlimmste ist, helfen zu wollen. Denn Hilfe suggeriert, die Situation retten, bewahren zu wollen. Man muss annehmen können, dass Hilfe abgelehnt wird. Es hat ja nie etwas oder jemand geholfen. Dass helfen wollen mit Aggression beantwortet wird. Man muss annehmen, dass genau das richtig ist in dieser Situation.
Es gibt nichts zu retten. Die Person muss aus ihrem Kokon aus Angst, Scham, Schuldgefühlen, Aggression, und um Liebe Bettelns ausbrechen können. Ein Prozess, der mit unendlich vielen Tränen verbunden ist – auf beiden Seiten. Und doch ein notwendiger Prozess.
Das einzige, das der andere tun kann ist, da zu sein, nichts zurückhalten wollen, den Prozess zuzulassen. Was einem alles abverlangt, weil man einen durch und durch zerstörerischen Prozess zulassen und sich einbeziehen muss. In dem das Dabeisein zum Mitleiden wird. In dem man sich selbst zerstören lassen muss. In dem Leiden und Mitleiden verschmelzen. Beide müssen sich zerbrechen lassen.
Wenn es nicht zum Tod, sondern „nur“ zum Tod der tragischen Situation kommt, dann besteht die Chance auf einen Neuanfang jenseits des Ausgestoßen-Seins und Bleiben-Wollens, des um Liebe Bettelns und Zerbrochen-Seins… In dem selbst die Liebe keine Chance haben darf…
Damit endet das gemeinsame Nacherleben des Ausgestoßen-Seins, Gefoltert-Seins, und auch des Bleiben-Wollens, und in dem auch das Betteln um Liebe, die immer nur ersehnt war, auf beiden Seiten gekreuzigt werden muss…
Nicht einmal die Frage nach einem Leben nach diesem Tod scheint erlaubt. Nur die Gewissheit (?) eines Lebens nach diesem Tod bleibt und gewährt ein Ruhen in Frieden.
Du wolltest helfen und stießest auf Ablehnung – und wurdest in einen Strudel hineingezogen, der dich alles unmittelbar miterleben und nacherleben ließ. Dabei war es dir gar nicht bewusst…. So wie es auch dem Baby damals nicht bewusst sein konnte.
Du warst Orpheus – ohne es zu wollen – du stiegst bis in den Hades, um ihr nahe zu sein. Die Götter, oder wen auch immer zu erpressen, sie frei zu lassen. Du hast dich umgedreht, und sie und dich selbst verloren… Das Schwerste, auch die Liebe zurückzulassen…
Zu groß die Gefahr, wieder in die alten Muster zu verfallen. Vertrauen darauf, dass jeder es für sich selbst schafft? Jede Bindung zu sprengen, um frei zu werden: frei für…?